26.04.2022
Eingebettet zwischen staubigen und halb reparierten Strassen erreicht man gut 50 Kilometer nordwestlich von Chennai den Poondi-Block im Distrikt Tiruvallur im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu, Indien. Die Temperaturen Ende April bewegen sich hier um die 40°C und steigen in Hochsommern leicht auf bis 45°C. Dies ist der Kontext und Ort des Inter-Mission-Projektes in der Nähe des Dorfes Attrambakkam. Das Myrtle Social Welfare Network, eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Chennai, führt das Projekt durch. Und zwar schon fast zehn Jahre lang, seit der Leiter Williams V. mit einer kleinen Gruppe von Sozialarbeits-Studenten erstmals den Ort betrat. Damals noch um zu sondieren, wie man am besten helfen könne. Heute erstreckt sich die Projektarbeit über zehn weitere Nachbardörfer und erreicht über 300 Kinder. Durch die Hilfe der Inter-Mission kann die Arbeit nun endlich systematisch und mit nachhaltigeren Aktivitäten angegangen werden.
Die Kinder kommen alle aus den Irula-Stämmen, einer der rückständigsten Volksgruppen Indiens. Diese Gemeinschaften werden auch von der übrigen Bevölkerung wegen ihres niedrigen Bildungs- und Entwicklungsstandes gemieden und unterdrückt. Sie bestehen hauptsächlich aus sogenannten „scheduled tribes“, die un- oder halbqualifizierte Arbeiter sind, mit weniger als 3 € pro Tag als Lohn, um den Bedarf ihrer Familie zu decken. Soziale Übel wie Alkoholismus, Kinderheirat, Bildungsverweigerung für Mädchen und Aberglauben sind für diese Menschen nur ein Teil der Realität. Einige von ihnen leben immer noch von der Jagd, obwohl die Regierung das offiziell untersagt hat und es kann auch vorkommen, dass sich gebratene Ratten auf dem Mittagstisch finden.
Ein Hauptziel der Projektverantwortlichen ist es, die Zahl der Kinder zu erhöhen, die regelmässig von den Eltern zur Schule geschickt werden, bzw. die Zahl der Schulabbrecher zu reduzieren. Die Kinder und ihre Familien werden über die Bedeutung von Bildung aufgeklärt und motiviert und es wird Ernährungsunterstützung gegeben, um den Gesundheitszustand der Kinder zu verbessern. Drittens soll ihre Spiritualität belebt werden, indem die Gute Nachricht des Evangeliums auf kreative Weise weitergegeben wird. Dies geschieht alles unter den wachsamen Augen der Dorfältesten und auch mancher Eltern, die bei den Kindern allmählich eine Veränderung feststellen.
Zu den Höhepunkten der Aktivitäten der letzten Monate gehörte ein medizinisches Camp, das von Myrtle und ihrem Team für die gesamte Projektregion organisiert wurde. Viele Kinder und ihre Familien profitierten sehr von den leicht zugänglichen medizinischen Diensten, was sonst zu einem langen und ermüdenden Besuch im nächstgelegenen staatlichen Gesundheitszentrum werden würde. Als weiteres Highlight besuchten die Kinder eine "Buchmesse" und lernten die Bedeutung von Wissen durch Bücher kennen. Eine solche Erfahrung in diesem jungen Alter wird sicherlich einige dieser neugierigen und meistens auch wissbegierigen Kinderköpfe weiter motivieren. Denn „Vorwärtskommen im Leben“ möchten alle.